Bildet Banden!

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Rückblick auf die Berliner Gazette-Jahreskonferenz „Complicity“ im SUPERMARKT von Katharina Meyer.

Wir waren Komplizen: Letztes Wochenende fand im SUPERMARKT die Jahreskonferenz der Berliner Gazette statt, über drei Tage und mit täglich ca. 100 Teilnehmern mit unterschiedlichsten Hintergründen: Aktivisten, Coder, Künstler, Wissenschaftler, Journalisten. Und wir hatten das Glück, aktiv mit dabei sein zu können.

Komplexe Umbruchprozesse im Zeichen der Digitalisierung und Globalisierung verursachen aktuell ein Vakuum, in dem Liaisionen möglich werden, die vorher undenkbar waren. Sie müssen aber denkbar sein, denn geballtes Wissen ist notwendig, um offenen Zugang zu Quellen, Information und Wissen zu gewährleisten. Sei es en miniature in Alltagserfahrungen oder im Verlauf grenzüberschreitender Großprojekte (Konferenz-Beispiel: Offshore-Leaks, ein Enthüllungs-Großprojekt von Programmierern und Journalisten unter dem Dach der ICIJ: http://youtube.com/watch?v=CnRihg6fNrk).

Fast jeder hat schon einmal die Erfahrung gemacht, dass beim Puzzlen Teile, die nicht füreinander gemacht sind, verkanten. Es kann aber zum Glück auch ganz anders kommen, wie dieser schöne Tumblr zeigt, selbst wenn man manchmal etwas mehr Kraft braucht zum Einpassen: http://thingsfittingperfectlyintothings.tumblr.com. Es geht nicht mehr um vorgestanzte Paare, sondern um ganz neue Kombinationen. So auch in der realen Welt, fern aller Gamification:

Heterogene (Berufs-)Gruppen werden in Phasen des Übergangs aufeinandergeworfen, bilden eine freiwillige oder unfreiwillige Komplizenschaft und lernen in einem harten Training „on the Job“, irgendwie miteinander klarzukommen. Dabei wurde bisher oft versäumt, die Strategien und Learnings festzuhalten, die sich beim Erlernen einer gemeinsamen Choreografie bewähren. Das wurde auf der Konferenz geändert:

Unter Laborbedingungen (teils sogar im Untergeschoss des SUPERMARKT) haben in insgesamt drei Versuchsanordnungen (Kapitalisten & Piraten, Journalisten & Hacker und Profis & Amateure, näheres zu der Zusammensetzung und Themenfeldern auf der Website der Berliner Gazette: http://berlinergazette.de/wp-content/uploads/Complicity_Workshop_Programm.pdf) versucht, herauszufinden, wie Zusammenarbeit ganz praktisch aussehen kann, wenn der Emulgator fehlt und man ohne triftigen Anlass nicht am selben Tisch landen würde.

Was können die unterschiedlichen Gruppen voneinander lernen, gibt es eine gemeinsame Sprache, welche unerwarteten Lösungen können dabei entstehen? Inwiefern ist Komplizenschaft (in der Diktion der Keynote-Sprecherin Prof. Gesa Ziemer „entsteht diese, wenn mehrere Personen zu einer gemeinsamen Entscheidung gelangen, einen Plan entwerfen und diesen dann auch umsetzen“, jedoch eher als ephemerer Bindung, als vorübergehende Gefährten) ein Modell für die gesamte Gesellschaft und ihre Erneuerung?

Unkonventionelle Teams und Kollektive können, vorausgesetzt sie reflektieren und verschreiben sich den Prinzipien einer generalüberholten Konnektivität, ebenso unkonventionelle Tools und Taktiken entwickeln, die dazu beitragen, drängende Herausforderungen anzugehen. Desto wilder das Denken und desto weiter die Ausgangspunkte der mitdenkenden Akteure auseinanderliegen, desto faszinierender können die Ergebnisse sein.

Als ein Beispiel (da gut abbildbar) seien hier die Workshopgruppen der Hacker & Journalisten genannt. Hier lief die Debatte mehr auf praktische Fragen hinaus, für die die anwesenden Hacker umstandlos Anwendungen lieferten. Nach zwei Workshop-Tagen standen die ersten Applikations-Prototypen, die nun hoffentlich weiterentwickelt werden: Wie kann eine Newsübersicht der alternativen Medien aussehen, was können Journalisten umgekehrt mit den Hacker News anfangen? Wie können Journalisten und Hacker gemeinsam dafür Sorge tragen, dass die Forderung nach einem Asyl für Edward Snowden nicht von der Politik abgebürstet wird?

Eine dokumenatrische Übersicht der drei Complicity-Konferenztage gibt es hier (samt Video-Streams des Abschluss-Symposiums): http://berlinergazette.de/symposium/complicity

Bilder (auch von den großartigen Graphic Recordings, die Gabi Schlipf gemeinsam mit Teilnehmern unserer im Vorfeld abgehaltenen DIY-Masterclass anfertigte) finden sich hier:

Workshops: http://flickr.com/photos/92582247@N08/sets/72157637416063786
http://flickr.com/photos/92582247@N08/sets/72157637471307683

Public Talks: http://flickr.com/photos/92582247@N08/sets/72157637481429535

Hinterm Tellerrand liegt der Horizont, und der ist weit. Als Lehre aus der Konferenz kann ich nur empfehlen, sich in Kneipen öfter neben die Leute zu setzen, die einen eigentlich im gesamten Raum am meisten nerven, es könnte sein, dass der Abend fantastisch wird. Und vielleicht macht man ja mal was zusammen.

Danke an das gesamte Team der Berliner Gazette, an alle Sprecher, Graphic Recorder und Teilnehmer!

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