Gemeinschaftlich gestalten statt konsumieren!

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Im Interview mit den Netzpiloten spricht die freie Kuratorin und Produzentin Ela Kagel über ihr Projekt SUPERMARKT und die damit verbundenen Herausforderungen. // von Gina Schad

Auf der ganztägigen Veranstaltung “Komplizen”, organisiert vom SUPERMARKT und der Berliner Gazette, sprachen wir mit der freien Kuratorin und Produzentin Ela Kagel über das Projekt SUPERMARKT, das sie vor drei Jahren in Berlin mitbegründet hat. Für sie ist es keineswegs ausgemacht, dass solch ein Projekt zum Selbstläufer wird. Ihrer Ansicht nach bräuchten wir mehr solche Veranstaltungen wie „Komplizen“: Angebote, die Hemmschwellen gegenüber der digitalen Kultur abbauen, und die auch ein heterogenes Publikum ansprechen.

Gina Schad: Wer bist du und was machst du?

Ela Kagel: Mein Name ist Ela Kagel. Ich bin freie Kuratorin und Produzentin und habe vor 3 Jahren den SUPERMARKT mitgegründet. Ich arbeite hauptsächlich an der inhaltlichen Gestaltung des Ortes und stelle mit meinem Team ein monatlich wechselndes Programm zusammen. Davor habe ich mit verschiedenen Festivals und Organisationen an Veranstaltungen rund um digitale Kultur gearbeitet, beispielsweise mit dem transmediale Festival oder Public Art Lab in Berlin.

Wie ist die Idee des SUPERMARKTS entstanden?

Ela Kagel: Nachdem ich für die transmediale die “Open Zone” entwickelt hatte, ein Experimentierfeld für Themen & Aktionen rund um Open Source-Kultur, wollte ich das Experiment gern an einem eigenen Ort weiterführen. Den leerstehenden, ehemaligen Supermarkt in der nördlichen Brunnenstraße haben meine beiden Gründungspartner und ich dann zufällig entdeckt. Uns gefiel die Idee sofort: einen Supermarkt umzuwidmen zu einem Ort, an dem gemeinsam gearbeitet, geforscht und diskutiert wird. Also: gemeinschaftlich gestalten statt konsumieren. Der Name lag dann natürlich auf der Hand, da mussten wir nicht lange nachdenken.

Mit welchen Herausforderungen wurdest du im Laufe deiner Arbeit als Kuratorin konfrontiert?

Ela Kagel: Die größte Herausforderung bei solchen Unternehmungen ist die Tatsache, dass man sich kopfüber in etwas stürzt ohne vorher wissen zu können, was sich alles auftut an Tatsachen, Widerständen und vor allem an Komplexität. Natürlich haben wir ein Konzept ausgearbeitet, und vieles hat sich auch genau in die Richtung entwickelt, wo wir konzeptionell hinwollten. Aber vieles ist einfach auch über uns hereingebrochen, und wir haben es geschehen lassen oder mitgeholfen, die Dinge in eine Richtung zu entwickeln, die zu uns und dem Ort passte. Deswegen weiß ich auch nicht, ob der Begriff der “Kuratorin” meine Arbeit der letzten 3 Jahre zutreffend beschreibt. Ich suche eigentlich noch immer eine passende Jobbeschreibung dafür. Es ist vermutlich irgendwas mit “Führen, aber auch offen sein für Entwicklungen von außen, Programme gestalten, aber auch seine eigenen Präferenzen wiederholt hinterfragen und Struktur sowie Chaos so zu vereinen, dass ein Ort wie der SUPERMARKT lebendig bleiben kann.” Hm, macht das Sinn?

Wie lange hat es gedauert, all die Menschen an diesen wunderbaren Ort zu bringen?

Ela Kagel: Das dauert noch immer an. Ein Prozess, der vermutlich nie abgeschlossen sein wird. Die Tatsache, dass die Menschen heute da sind, heißt noch lange nicht, dass sie auch morgen wiederkommen werden. Das ist etwas, was immer in Bewegung ist. Und das wird nie selbstverständlich sein.

Du interessierst dich für digitale Kultur. Mit welchen Künstlern durftest du als Kuratorin bereits zusammenarbeiten?

Ela Kagel: Oh, da gibt es viele großartige Menschen, von denen ich viel gelernt habe und bis heute lerne. Wenn ich jetzt einzelne herauspicke, dann tue ich vielen anderen Unrecht, die auch genannt werden sollten. Aber es gibt bis heute ein paar enge Partnerschaften, wie mit dem Team der Berliner Gazette, dem reSource Netzwerk, Leuten wie Stephen Kovats, der bei uns im Studio 3 seine Agentur r0g_media aufbaut, den Leuten von OuiShare, dem Team der EU Freelancer Bewegung, und dann natürlich ein paar Events, die mir persönlich ganz wichtig waren wie der “Female Perspective Abend”, bei dem wir inspirierende Frauen aus der Berliner Medienszene vorgestellt haben oder der Abend mit Trebor Scholz im vergangenen November. Und wir lernen auch sehr viel von den engagierten Frauen von Förderband e.V. und überhaupt allen, die hier in der direkten Nachbarschaft etwas bewegen.

Was erhoffst du dir von der heutigen Veranstaltung “Komplizen”?

Ela Kagel: Einen guten, professionellen Austausch zwischen Aktivisten, Forschern, Organisationen und allen, die sich für das Thema interessieren. Das Wertvollste ist für mich immer, wenn es zu einem Gespräch kommt, bei dem verschiedene Standpunkte und verschiedene Zugänge zum Thema debattiert werden können und eine persönliche Verbindung entsteht. Das ist der Garant, dass sich die einzelnen TeilnehmerInnen auch nach so einer Konferenz noch zusammensetzen und gemeinsame Aktionen planen.

Welches sind die langfristigen Ziele für den SUPERMARKT?

Ela Kagel: Wir hoffen, dass unsere Arbeit als Kuratoren immer mehr in den Hintergrund rückt und der Ort verstärkt von verschiedenen Bewegungen und Gruppierungen als Basis definiert und eingenommen wird. Wir freuen uns, wenn unsere BesucherInnen ein gutes, anspruchsvolles Programm im SUPERMARKT mitgestalten. Nur so kann es auch langfristig eine Vielfalt und einen lebendigen Austausch im SUPERMARKT geben.

Brauchen wir deiner Ansicht nach mehr solche Veranstaltungen in Berlin? Und wenn ja – warum?

Ela Kagel: Wir brauchen viele solcher Veranstaltungen, zu denen sich auch ein heterogenes Publikum hin traut: wir wollen ja nicht nur die Nerds, die technischen SupercheckerInnen oder irgendeine digitale Elite ansprechen, sondern gerade auch diejenigen, die voller Fragen zu solchen Veranstaltungen kommen. Leute, die etwas beitragen können und wollen, aber noch nicht genau wissen, wie. Die Herausforderung ist, genau so ein Publikum abzuholen und die Menschen zu aktivieren, statt sie durch ein Zuviel an Exklusivität abzuschrecken.

Photo: Andi Weiland/Berliner Gazette (CC BY 2.0)

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Im Interview mit den Netzpiloten spricht die freie Kuratorin und Produzentin Ela Kagel über ihr Projekt SUPERMARKT und die damit verbundenen Herausforderungen. // von Gina Schad

Auf der ganztägigen Veranstaltung “Komplizen”, organisiert vom SUPERMARKT und der Berliner Gazette, sprachen wir mit der freien Kuratorin und Produzentin Ela Kagel über das Projekt SUPERMARKT, das sie vor drei Jahren in Berlin mitbegründet hat. Für sie ist es keineswegs ausgemacht, dass solch ein Projekt zum Selbstläufer wird. Ihrer Ansicht nach bräuchten wir mehr solche Veranstaltungen wie „Komplizen“: Angebote, die Hemmschwellen gegenüber der digitalen Kultur abbauen, und die auch ein heterogenes Publikum ansprechen.

Gina Schad: Wer bist du und was machst du?

Ela Kagel: Mein Name ist Ela Kagel. Ich bin freie Kuratorin und Produzentin und habe vor 3 Jahren den SUPERMARKT mitgegründet. Ich arbeite hauptsächlich an der inhaltlichen Gestaltung des Ortes und stelle mit meinem Team ein monatlich wechselndes Programm zusammen. Davor habe ich mit verschiedenen Festivals und Organisationen an Veranstaltungen rund um digitale Kultur gearbeitet, beispielsweise mit dem transmediale Festival oder Public Art Lab in Berlin.

Wie ist die Idee des SUPERMARKTS entstanden?

Ela Kagel: Nachdem ich für die transmediale die “Open Zone” entwickelt hatte, ein Experimentierfeld für Themen & Aktionen rund um Open Source-Kultur, wollte ich das Experiment gern an einem eigenen Ort weiterführen. Den leerstehenden, ehemaligen Supermarkt in der nördlichen Brunnenstraße haben meine beiden Gründungspartner und ich dann zufällig entdeckt. Uns gefiel die Idee sofort: einen Supermarkt umzuwidmen zu einem Ort, an dem gemeinsam gearbeitet, geforscht und diskutiert wird. Also: gemeinschaftlich gestalten statt konsumieren. Der Name lag dann natürlich auf der Hand, da mussten wir nicht lange nachdenken.

Mit welchen Herausforderungen wurdest du im Laufe deiner Arbeit als Kuratorin konfrontiert?

Ela Kagel: Die größte Herausforderung bei solchen Unternehmungen ist die Tatsache, dass man sich kopfüber in etwas stürzt ohne vorher wissen zu können, was sich alles auftut an Tatsachen, Widerständen und vor allem an Komplexität. Natürlich haben wir ein Konzept ausgearbeitet, und vieles hat sich auch genau in die Richtung entwickelt, wo wir konzeptionell hinwollten. Aber vieles ist einfach auch über uns hereingebrochen, und wir haben es geschehen lassen oder mitgeholfen, die Dinge in eine Richtung zu entwickeln, die zu uns und dem Ort passte. Deswegen weiß ich auch nicht, ob der Begriff der “Kuratorin” meine Arbeit der letzten 3 Jahre zutreffend beschreibt. Ich suche eigentlich noch immer eine passende Jobbeschreibung dafür. Es ist vermutlich irgendwas mit “Führen, aber auch offen sein für Entwicklungen von außen, Programme gestalten, aber auch seine eigenen Präferenzen wiederholt hinterfragen und Struktur sowie Chaos so zu vereinen, dass ein Ort wie der SUPERMARKT lebendig bleiben kann.” Hm, macht das Sinn?

Wie lange hat es gedauert, all die Menschen an diesen wunderbaren Ort zu bringen?

Ela Kagel: Das dauert noch immer an. Ein Prozess, der vermutlich nie abgeschlossen sein wird. Die Tatsache, dass die Menschen heute da sind, heißt noch lange nicht, dass sie auch morgen wiederkommen werden. Das ist etwas, was immer in Bewegung ist. Und das wird nie selbstverständlich sein.

Du interessierst dich für digitale Kultur. Mit welchen Künstlern durftest du als Kuratorin bereits zusammenarbeiten?

Ela Kagel: Oh, da gibt es viele großartige Menschen, von denen ich viel gelernt habe und bis heute lerne. Wenn ich jetzt einzelne herauspicke, dann tue ich vielen anderen Unrecht, die auch genannt werden sollten. Aber es gibt bis heute ein paar enge Partnerschaften, wie mit dem Team der Berliner Gazette, dem reSource Netzwerk, Leuten wie Stephen Kovats, der bei uns im Studio 3 seine Agentur r0g_media aufbaut, den Leuten von OuiShare, dem Team der EU Freelancer Bewegung, und dann natürlich ein paar Events, die mir persönlich ganz wichtig waren wie der “Female Perspective Abend”, bei dem wir inspirierende Frauen aus der Berliner Medienszene vorgestellt haben oder der Abend mit Trebor Scholz im vergangenen November. Und wir lernen auch sehr viel von den engagierten Frauen von Förderband e.V. und überhaupt allen, die hier in der direkten Nachbarschaft etwas bewegen.

Was erhoffst du dir von der heutigen Veranstaltung “Komplizen”?

Ela Kagel: Einen guten, professionellen Austausch zwischen Aktivisten, Forschern, Organisationen und allen, die sich für das Thema interessieren. Das Wertvollste ist für mich immer, wenn es zu einem Gespräch kommt, bei dem verschiedene Standpunkte und verschiedene Zugänge zum Thema debattiert werden können und eine persönliche Verbindung entsteht. Das ist der Garant, dass sich die einzelnen TeilnehmerInnen auch nach so einer Konferenz noch zusammensetzen und gemeinsame Aktionen planen.

Welches sind die langfristigen Ziele für den SUPERMARKT?

Ela Kagel: Wir hoffen, dass unsere Arbeit als Kuratoren immer mehr in den Hintergrund rückt und der Ort verstärkt von verschiedenen Bewegungen und Gruppierungen als Basis definiert und eingenommen wird. Wir freuen uns, wenn unsere BesucherInnen ein gutes, anspruchsvolles Programm im SUPERMARKT mitgestalten. Nur so kann es auch langfristig eine Vielfalt und einen lebendigen Austausch im SUPERMARKT geben.

Brauchen wir deiner Ansicht nach mehr solche Veranstaltungen in Berlin? Und wenn ja – warum?

Ela Kagel: Wir brauchen viele solcher Veranstaltungen, zu denen sich auch ein heterogenes Publikum hin traut: wir wollen ja nicht nur die Nerds, die technischen SupercheckerInnen oder irgendeine digitale Elite ansprechen, sondern gerade auch diejenigen, die voller Fragen zu solchen Veranstaltungen kommen. Leute, die etwas beitragen können und wollen, aber noch nicht genau wissen, wie. Die Herausforderung ist, genau so ein Publikum abzuholen und die Menschen zu aktivieren, statt sie durch ein Zuviel an Exklusivität abzuschrecken.

Photo: Andi Weiland/Berliner Gazette (CC BY 2.0)

Gemeinschaftlich gestalten statt konsumieren!